Ungenießbare Trinkwasserquelle …… mit (wünschenswerten) Nebenwirkungen
Da die Bohrung durch die Stadt Ludwigsburg auf dem Grund der damals noch eigenständigen Gemeinde Hoheneck (heute Stadtteil von Ludwigsburg) stattgefunden hatte, besaß Hoheneck nun eine eigene Heilquelle. Nur wusste der Gemeinderat Hohenecks nichts von diesem Umstand, sondern nur von der erfolglosen Trinkwasserbohrung.
Um die Heilquelle vermarkten zu können, musste die Stadt Ludwigsburg das Quellengrundstück der Gemeinde Hoheneck abkaufen.
Am 13.02.1907 wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Die Stadtgemeinde Ludwigsburg gab folgende Begründung für den Kauf der betreffenden Parzellen an:
„Auf diesem Areal ist inzwischen von Seiten der Stadtgemeinde Ludwigsburg nach
technischem Rat nach Wasser gegraben worden;
Das gewonnene ist als Trinkwasser nicht verwendbar. Da aber die Wiederherstellung des alten Zustandes fast unmöglich ist und da es ferner zweckmäßig erscheint, viel Grundeigentum in der Nähe des bestehenden Wasserwerks zu besitzen, so wird vom Gemeinderat unter Zustimmung des Bürgerausschusses der Kauf beschlossen”
Kein Wort von der gefundenen „Goldgrube" in Form einer Heilquelle.
Da Hoheneck damals über die wahre Situation nicht aufgeklärt, sondern wissentlich im Unklaren belassen wurde, hat dieser Kaufvertrag bis heute einen
"schalen Beigeschmack" ... ein "Gschmäckle"
Es war der Abend des 17. Dezember 1906 als um 21:00 Uhr plötzlich Wasser an der städtischen Bohrstelle in Hoheneck austritt.
Nach längeren vergeblichen Bohrversuchen war man, auf der Suche nach Trinkwasser, in 147 m Tiefe auf eine Quelle gestoßen. Mit 25 Litern pro Sekunde schoss das 18 Grad „warme" Wasser über der Bohrstelle heraus. Endlich - denn das Trinkwasser, welches das 1892 angelegte Wasserwerk bereitstellte, reichte für die ständig wachsende Stadt Ludwigsburg nicht mehr aus.
Jedoch wich die Freude über den Fund bald großer Enttäuschung. In den untersuchten Wasserproben wurde ein Salzgehalt von annähernd 2% nachgewiesen, und konnte daher für Genuss- und Gebrauchszwecken nicht verwendet werden.
So wurde in der Ludwigsburger Zeitung eine erfolglose Bohrung bekannt gegeben.
Der Nahrungsmittelchemiker Dr. Wilhelm Schmidt, der die Wasserproben untersucht hatte, gab der Stadt Ludwigsburg den Rat, das Wasser auf seinen medizinischen Wert untersuchen zu lassen.
So wurden Wasserproben an Hofrat Prof. Dr. Fresenius nach Wiesbaden geschickt.
Nach Untersuchung dieser Proben stand fest: Bei den Bohrarbeiten war eine Heilquelle entdeckt worden, die folgende Heilerfolge bei Bade- und Trinkkuren erwarten ließen:
Gicht, Rheumatismus, Ischias, und andere entzündliche Erscheinungen der Nerven, aber auch bei Darmträgheit, Zuckerkrankheit usw..
Im April des Jahres 1907 wurde dem Gemeinderat Hohenecks wohl klar, dass der Verkauf der Grundstücke zu einem Preis von 2.-Mark/qm in keinem Verhältnis zum Wert der Quelle stand. So bat die Gemeinde Hoheneck das Königliche Ministerium des Inneren in Stuttgart auf „eine gerechte Abfindung der Gemeinde Hoheneck hinzuwirken"
Leider blieb dieser Versuch erfolglos.
Nun hatte die Stadt Ludwigsburg das Sagen in Sachen „Heilbad Hoheneck". Bereits am 14. Juli 1907, knapp 8 Monate nach der erfolgreichen Bohrung, wurde eine Badeanstalt mit 12 Wannen und Trinkhalle eröffnet.
In den drei Monaten der ersten Badesaison wurden bereits 9853 Bäder abgegeben. So wurde zu Beginn der 2 Badesaison bereits ein Erweiterungsbau mit 15 weiteren Holzbadewannen erstellt.
1907
Das "Mineralbad Ludwigsburg" wird in Hoheneck eröffnet.
Es folgt ein stetiger Anstieg der Badegästezahlen.
1908
wird eine "Heilbadkommission" gegründet. Sie besteht aus 4 Mitgliedern des Gemeinderats, 2 des Bürgerausschusses, der Verwalter des Brunnenwerks und der Stadtpfleger.
1911
Der große Erfolg des Heilbads erfordert immer wieder Erweiterungen.
So kauft die Stadt ein angrenzendes Grundstück von Marie Ebel, der Witwe des Johannes Ebel.
1912
erwirbt die Stadt die "Villa Ida",
die dann zum
"Landhaus Elisabeth"
umbenannt wird, mitsamt den zugehörigen umfangreichen Grünanlagen.
Dieser heutige Heilbadpark beinhaltete noch nicht das Mausoleum der Familie Ebel. Dieses wurde erst 1976 für den Neubau des Neuen Heilbads der kath. Kirchengemeinde abgekauft, die das Gelände gestiftet bekommen hatte.
1913
Die großen Erfolge des Heilbads erfordern nun grundlegende Maßnahmen zu klären.
Sollte das Heilbad auf der damals noch fremden Gemarkung Hoheneck erweitert oder gleich ein neues Badehaus im Favoritenpark errichtet werden?
Die Mitglieder der Kommission werden sich jedoch nicht einig.
So wird der Hohenecker Gemeinderat zum Heraufleiten des Heilwassers nach Ludwigsburg befragt. Dieser lehnt ab.
Das Projekt "Badestadt Ludwigsburg" scheint am Ende.
Bei Ludwigsburg im Schwabenland
Am liebliche schönen Neckarstrand,
Da liegt ein kleiner Badeort
Dorthin zieht es mich immerfort.
Du traulich - stiller Erdenfleck
Sei mir gegrüßt - mein Hoheneck
Es wurde kräftig die Tourismuswerbetrommel geschlagen. Gedichte, wie hier links, oder mehr oder weniger witzige Postkarten, sollten die Herzen der potenziellen Badegäste gewinnen.
Auch der technische Fortschritt ist auf den Bildern zu erkennen.
In den Anfängen noch mit Pferdekutschen, folgten am 27.03.1908 ein Motor-Omnibus-Verkehr und ab dem 01.05.1911 Oberleitungsbusse.
Auch die Anreise mit PKW war möglich.
Ludwigsburg zeigte sich mit seinem Heilbad Hoheneck von seiner modernen und aufstrebenden Seite.
Der Stadt Ludwigsburg war wohl wenig gelegen an einem Ausbau der Übernachtungsmöglichkeiten in Hoheneck.
1910 wollte der Hohenecker Tobias Meeh direkt neben dem Heilbad ein Café und Kurhaus bauen.
Die Bedenken der Stadt Ludwigsburg führte zu einer Verzögerung beim Anschluss an die Ludwigsburger Wasserversorgung.
Erst 6 Jahre später, konnte das Kurhaus eröffnet werden.
Hier fand weitere 10 Jahre später, am 5.Mai 1926 die Informations-Bürgerversammlung zur geplanten Eingemeindung statt, die dann am 22.Juli 1926 tatsächlich erfolgte
Das Gebäude wurde mehr und mehr ausgebaut und noch bis 1980er-Jahre als "Hotel-Hoheneck" und danach als Asylbewerberunterkunft betrieben.
Aktuell ist es in desolatem Zustand und steht leer ...
Die vielen Badegäste blieben oft einige Tage bis viele Wochen in Hoheneck.
Sie besuchten die ärztliche Sprechstunde im Heilbad, nahmen Wannenbäder und flanierten am Neckarstrand entlang.
Bereits 1908 wurden in einem kleinen Café direkt am Heilbad "Tee, Chokolade, Limonade, alkoholfreie Getränke und Esswaren" angeboten.
Es entwickelte sich eine kleine Tourismusindustrie,
die sich vor allem im Bereich der Übernachtungsgäste zeigte,
die zu Beginn jedoch überwiegend in Ludwigsburg übernachteten.
Die Familie Johannes Ebel lebte einst in diesem Gebäude.
Zum Gedenken an Gräfin Ida von der Gröben, einer Freundin und Anhängerin von Johannes Ebel, wurde das Haus 1868 "Villa Ida" genannt.
1912 kaufte die Stadt Ludwigburg das Anwesen und vermietete es an den Kaufmann Emil Staiger in Stuttgart.
Seine Schwester Elisabeth übernahm die Leitung der neu gegründeten Kurpension und nannte sie forthin "Landhaus Elisabeth".
Ihr guter Ruf bescherte ihr treue Kurgäste. Mancher Künstler machte hier Halt und trug zur Unterhaltung der Kurgäste bei.
"Das Fräulein Staiger" war wohl bekannt in Hoheneck.
Sie stiftete z.B. ein Fensterglasbild für das Sakristeifenster der Wolfgangkirche und lieferte den Text zum "Hohenecker Kurlied".
Die Gönnerin Hohenecks betrieb das Landhaus bis 1955.
Im Zuge des Heilbadneubaus wurde es zusammen mit der ehemaligen Fahnenfabrik abgerissen.
1918
Beschließt die Stadt ein Heilbad im Favoritepark zu errichten. Es werden Baupläne erstellt.
1919
Es erfolgt eine Neuverrohrung. In diesem Zuge wird der Bohrturm errichtet, der heute
gemeinsam mit dem Brunnenraum, das Heilbadwahrzeichen Hohenecks ist.
1920
Die Landesregierung wird für das Vorhaben "Heilbad Favoritepark" gewonnen.
Fam. Ostertag-Siegle bietet hingegen das Landgut auf der Hardt zum Kauf an.
Es wäre ein idealer Standort für ein neues Heilbad in Hoheneck.
Die Stadt lehnt den Kauf ab und beharrt auf den Neubau im Favoritepark.
1922
kommt es zu einem Röhrenbruch. "Das Heilwasser sprudelt nicht mehr!"
Der Ludwigsburger Oberbürgermeister veröffentlicht eine Stellungnahme in der
Ludwigsburger Zeitung, in der er meint "wir überlassen die Quelle ihrem Schicksal ..."
Erheblicher Protest aus der Bürgerschaft und den Badegästen tragen einen großen Anteil daran,
dass der Röhrenbruch beseitigt wird und das Heilwasser am 11.August 1922 dann doch wieder sprudelt.
-
Die Inflation stoppt zunächst alle weiteren Pläne, eines Neubaus des Heilbades in Ludwigsburg.
So wird zwar eine "Heilbad Ludwigsburg Aktiengesellschaft" gegründet, jedoch kommen die Mittel für eine Übernahme des Heilbads nicht zusammen. Der Versuch "Badestadt Ludwigsburg" scheitert erneut
1925
nach der Inflation wird eine neue und modernere Bohrung durchgeführt und das alte Bohrloch verschlossen.
1926
Nach einer gründlichen Renovierung wird das Hohenecker Heilbad wiedereröffnet und empfängt die 50.000te Besucherin
Am 22.Juli 1926 wird Hoheneck nach Ludwigsburg eingemeindet.
in §14 des Eingemeindungsvertrages wird festgehalten:
"Das Heilbad Hoheneck ist bei einer etwaigen Leitung des Wassers nach Ludwigsburg mit einem Umfang von ca. 30 Wannen in seitheriger Weiße weiter zu betreiben, auch ist die Gelegenheit zur unentgeltlichen Entnahme von Quellwasser außerhalb des Bades zu erhalten."
1928
Zur Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger bei der Wahrung dieses und der anderen Rechte, die Hoheneck aus diesem Eingemeindungsvertrag entstanden waren,
wird der "Bürgerverein der Vorstadt Hoheneck" gegründet, der in der "Bürgervereinigung Bad Hoheneck e.V." 1958 "wiederbelebt" wurde.
Direktor Artur Pfaffrath und Dr. med. Pintus übernehmen den Betrieb des Heilbads.
1938
Dr. med. Walter Pintus darf seine Stellung nicht weiter ausführen.
Als Jude wird er verhaftet und stirbt am 13.November in bzw. auf dem Weg zum KZ Dachau auf ungeklärte Weise.
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1978
Es erfolgt der Neubau des Heilbads Hoheneck in der heutigen Form.
So mancher macht sich Sorgen schwer,
daß er nicht mehr zu heilen wär´
und kennt das Heilbad Hoh´neck nicht,
das ihm Genesung bringet!
Himmlische Gabe
Quillt aus der Tiefe Grund,
Göttliche Labe
Macht dich gesund!
Der eine krankt an Ischias
hat heute dies und morgen das
und kennt das Heilbad Hoh´neck nicht,
das ihm Genesung bringet.
Himmlische Gabe
heilender Quelle Kraft
Köstliche Labe
Jugend verschafft!
Der andre hat ein krankes Herz
hat Gliederweh und Rückenschmerz
und kennt das Heilbad Hoh´neck nicht,
das ihm Genesung bringet!
Himmlische Gabe
quillt aus der Tiefe Grund,
Göttliche Labe
Macht dich gesund!
Ein dritter leidet an der Gicht
und kennt das Heilbad Hoh´neck nicht,
das ihm Genesung bringet!
Himmlische Gabe
heilender Quelle Kraft
Köstliche Labe
Jugend verschafft!
Auch Rheuma, Leber, Zucker Gicht
schreckt unsern guten Quellgeist nicht.
S´ist nie zu spät, lebt ihr Diät
und wenn ihr trinket und badet!
Himmlische Gabe
quillt aus der Tiefe Grund,
Göttliche Labe
Macht dich gesund!
Drum sorget nicht, habt frohen Mut
der Quellgeist wahre Wunder tut,
es wird ja alles wieder gut
wenn ihr im Heilquell badet.
Himmlische Gabe
heilender Quelle Kraft
Köstliche Labe
Jugend verschafft!
Text: Elisabeth Staiger - Melodie: Freut euch des Lebens
Melodie: "Freut euch des Lebens"
Rinks im Bild: das "Landhaus Elisabeth" (früher Wohnhaus der Familie Johannes Ebel)- Rechts im Bild: das Gebäude der "Fahnenfabrik" -
(das von den Anhängern des Johannes Ebel bewohnt worden war.)
Sämtliche Gebäude wurden abgerissen.
In diesem Bereich befindet sich heute die Talstation des Schrägaufzugs und der Parkplatz des Heilbads Hoheneck
Texte: Klaus Bendel - Bildquelle: private Postkartensammlung
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